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Nachrichten > Kultur und Bildung

Wolfgang Amadeus Mozart - Letzte Werke


(Fotos: Wörner)

(bro) (khm) Am Totensonntag, 23. November, erklangen Mozarts letzten Werke, sein Klarinettenkonzert in A-Dur und sein Requiem in d-moll, in der Eberbacher katholischen Stadtkirche St. Johannes Nepomuk.

Eher zufällig gibt es zwischen Eberbach am Neckar und Eberbach im Rheingau, d. h. dem bekannten Kloster bei Eltville, eine Verbindung im Bezug auf zwei berühmte Sakralwerke Mozarts: die unvollendete c-moll-Messe (KV 427) sowie das Requiem d-moll (KV 626), und das über den Harvard-Professor Robert D. Levin, der 2005 diese Messe komplettiert hat, die in New York, dann in Deutschland 2006 beim Rheingau Musik Festival im Kloster Eberbach - beide Male unter Helmuth Rilling - aufgeführt wurde. Schon 1994 hatte Levin in dessen Auftrag von dem durch Mozarts Schüler Süßmayr 1792 fertig gestellten Requiem eine Neufassung erstellt. Es ist bereits die sechste im 20. Jahrhundert.

Ihre Aufführung hier in Eberbach ist wohl die erste in unserer Gegend. Dass der neue Kantor an der katholischen Stadtkirche, Severin Zöhrer, damit seinen Einstand gab, fügt ihn in die Reihe seiner Kantorenkollegen, die über Jahre hin hier sakrale Großkompositionen aufgeführt haben wie das brahmssche ’Deutsche Requiem’ (1986, 2007, 2011), die ’Messa da Requiem’ Verdis (1988, 1993, 2008), Mozarts ’Requiem’ (1991, 2000, 2006).

Die Aufführung interessant machte auch, dass man mit Christoff Wolff: “Vor der Pforte meines (seines) Glücks“ (Kassel 2013) derzeit meint, es sei eine kopernikanischer Wende in der Einschätzung von Mozarts letzten Lebensjahren eingetreten: Habe man Mozarts letzte Werke, insbesondere das ’Requiem’ bislang immer wieder ’Im Lichte seines vorzeitigen Todes als unbewusste Gesten des Abschieds, Vorausahnungen eines heraufdämmernden Endes’ gesehen, so verhalte sich das ganz anders: Mozart hätten in dieser Zeit viele berufliche Hoffnungen erfüllt, und er habe 1791 wohl nur an eine vorübergehende Erkrankung gedacht, so sei auch das Requiem nicht nur für den Besteller, den Grafen Walsegg, bestimmt gewesen, sondern habe auch als ’großes liturgisches Repertoirestück’ auf seine Befähigung für ein besoldetes Kapellmeisteramt am Stephansdom hinweisen sollen. Aber wie auch der Kompositionshintergrund ist, das Requiem wird als das „summum opus summi viri - des bedeutendsten Mannes bedeutendstes Werk" eingeschätzt bleiben.

Da das Requiem samt Levinscher Erweiterungen mit einer Stunde Dauer für eine konzertante Aufführung nicht ausreichen konnte, war noch Mozarts letztes Instrumentalkonzert, das für Klarinette (KV 622), zu hören, in Eberbach schon 2000 einmal Requiemvorspann.

Das Konzert, ein solistisches Paradestück, bescherte den Zuhörern vor dem meist in Moll stehenden Requiem eine halbe Stunde Mozart in A-Dur, einer Tonart, mit der die Stuttgarter Klarinettistin Anna Erchinger die „Stimmung eines wolkenlosen Frühlingsmorgens“, auch an einem dunklen Novemberabend evozieren konnte. Leider musste man sich einmal wieder an die ungünstige Akustik der katholischen Stadtkirche gewöhnen, die den Klang des Orchesters beeinträchtigte, weniger den der Klarinette der Solistin, der das harmonische Miteinander von konzertanter Virtuosität und schlicht kantablem Musizieren eindrucksvoll gelang. Hohe und tiefe Klangbereiche des Instrumentes meisterte sie souverän, desgleichen, ob flinke Läufe wie im langen ersten Satz oder das elegisch melodiöse Adagio zu gestalten waren. Das tänzerische Rondo zeichnete hinreißende Musizierfreude besonders in den Rondo-Intermezzi aus, wo ’turbulente Läufe und kühne Sprünge’ abwechslungsreich das Publikum fesselten. So denn auch begeisterter Beifall für Anna Erchinger, die Mozarts anspruchsvolles Konzert dazu noch ’extemporierte - auswendig spielte.

Eine Requiembesprechung kann hier nur selektiv sein. Erhabene Musik assoziiert man mit dem Werk, und sein „Introitus-Eingang" mit den nachschlagenden Akkordtupfern wurde vom Dirigenten wie ein gefasstes, würdevoll gehemmtes Schreiten bei einem Trauerkondukt geboten, ohne ein kraftloses Dahinschlurfen zu sein. Es spielte sich dem Textinhalt konform ab, der von Heilsangst und Erlösungshoffnung handelt, wie es typisch ist für eine ’Missa pro (vita) defunctis’ - ’für die, welche ihr (irdisches Leben) abgeschlossen haben’ in der Hoffnung, dass der Tod nicht das letzte Wort habe. Insofern war auch die Aufführung am Totensonntag des evangelischen Kirchenjahres (auch ökumenisch) gut gewählt.

In dem thematisch und strukturmäßig sehr komplexen Satz konnte der gut artikulierende Chor der katholischen Kantorei, durch weitere requiembewundernde Sänger der Gegend verstärkt, auch seine Fähigkeit zu schnellem Wechsel zwischen kontrapunktischer und homophoner Singweise erweisen. Interessant musste sein, wie die ’zyklische Form’ des Requiems gestaltet wurde. Süßmayr schreibt, er habe sich erlaubt, “um dem Werk mehr Einförmigkeit zu geben, die Fuge des Kyrie bei dem Verse ’cum Sanctis etc’ [am Schluss] zu wiederholen“, nach Mozarts Frau eine Art Notbehelf: “Wenn er [Mozart] wirklich stürbe, ohne es zu endigen. Schließlich fehlte damit ein eigenständiger tröstlicher Requiemschluss. Da die Teile des Requiems sich um die Sequenz ’Dies irae’, dieses apokalyptische Schreckensszenario, gruppieren, sich ihm in Heilsangst nähern, um dann mit steigender Heilshoffnung sich wieder von ihm zu entfernen, könnte man bei den wiederholten Abschnitten (Kyrie-Fuge bzw. Communio) eine Art von „szenischer Klangbildfolge“ auch mit Tempo-Variation sich vorstellen. So wird empfohlen, “dass man die Wiederholung der Fuge nicht so erregt nimmt, wie zu Anfang, unmittelbar vor dem Dies irae“ (Keußler 1923). Hier hätte man die beiden Fugenauftritte einerseits mit erregterem Tempo und dann gelassenerem bzw. mit bedrückt langsamerem und dann beschwingterem Tempo differenzieren können. wobei eine Schreibgriffelempfehlung zu geben immer leichter ist als die Realisierung mit Taktstock. Diese Kyrie-Fuge über ein Doppelthema - thematisch mit Händelreminiszenz - war gleichwohl eine große Sache für den Chor, da diese Fuge an kontrapunktischer Raffinesse einer von Bach wohl nicht nachsteht. Sie ist zwar auch schon abgelehnt worden, als höre man hier „wilde Gurgeleien“ und „kraus verbrämte, chromatische Schlangengänge“. Aber das deutliche Artikulieren der sanglichen Koloraturen, und das nicht ohne aufwühlende, inhaltsempfindliche Tongestaltung, leistete der Chor ganz vorzüglich, ein Ergebnis intensiver Einstudierung durch den Dirigenten, der mit ruhiger Hand den Fugenablauf steuerte, für den - dank Mozart - auch Instrumentale Stützung nicht fehlte. Das Dies-irae, gern auskomponiert und gesungen, gab Gelegenheit zu Hochdramatischem, bei dem das gut disponierte und furios musizierende Orchester aus Mitgliedern des Stuttgarter SWR-Orchesters samt Eberbacher Chor in packenden Untergangsvisionen “die Posaune des Gerichts toben und die Feuer der Hölle musikalisch lodern lassen“ konnten. Hauptsinn der Sequenz bleibt aber die erst nur zaghafte zu hörende frohe Erlösungshoffnung. Besonders genannt sei der Sequenzteil "Tuba mirum spargens sonum – Die Posaune wundersamen Klang ausbreitend“, der dargeboten wurde mit makellosem Posaunensolo und bel-canto des Vokal-Quartetts, das erst solistisch agierte und schließlich chorisch zusammengeführt war. Wie schon früher bemerkt, wirkte auch hier der Weltenrichter, der doch das schreckliche jüngste Gericht ankündigt, zumindest musikalisch eigenartig galant. Man wird bei einem Komponisten der Aufklärungszeit zwar keinen streng unbarmherzigen Weltenrichter mit Schwert im Munde suchen, sondern Mozarts offensichtlich tröstliche und nicht unchristliche Vorstellung von einem ernsten und gerechten, aber vor allem gnädigen Gott anzunehmen haben. Dazu passten der Posaunen-wohlklang aus dem Orchester und die sonore Bassstimme des erfahrenen Oratoriensängers Torsten Müller. Auch die fein abgestimmte Aufeinanderfolge von Tenor Christopher Kaplan, auch er erfahrener Interpret von Sakralmusik, von Wibke Wighardt (Alt) und Wakako Nakaso (Sopran), beide Mitglieder des bekannten SWR-Vokalensemble Stuttgart, prägten sich nachhaltig ein, wie das Vokalquartett auch sonst – um nur das klangschöne ’Benedictus’ zu nennen - durch geschmeidige Stimmführung, klangschönes und dynamisch wohl ausbalanciertes Singen beeindruckte. Hier dürfte sich auch Levins sängerfreundliche Betonung des begleitenden tiefen Bläserklangs und die Zurücknahme der hohen Streicher ausgewirkt haben. Weiter war man auf das ’Confutatis maledictis’ gespannt, wo angesichts der ’überführten Verdammten’ das Gebet des zerknirschten Sünders zu hören ist. Nach schnell gespielten auffahrenden Rollfiguren folgte zu leisen Frauenstimmen eine Akkordfolge in mehrstimmiger Chromatik, wie wenn man die Verdammten selbst hörte: “Harmonisch eine der überwältigendsten Partien in Mozarts Kunst“ (H. Abert). Chor und Dirigent zelebrierten die ergreifend unvergessliche Tonfolge konzentriert, präzise und eindringlich.

Schließlich zum Herausstellungsmerkmal dieser Aufführung, dass sie die geschätzte Fassung von Robert D. Levin nutzt. Dieser konnte als erfahrener Kenner der "Alten Musik" nicht nur die ganzen frühere Forschungsergebnisse zu zahlreichen daraus folgenden Besserungen berücksichtigen, sondern ihm ist auch eine in der heutiger Zeit offenbar meist verloren gegangene, früher sehr gepflegte Fähigkeit noch zu eigen,, “aus einem Thema eine vierstimmige Fuge mit allen Imitationen und Durchführungstechniken des Kontrapunkts zu improvisieren“. Hier kann nicht auf Details eingegangen werden - man erfuhr davon im Programmheft und im kenntnis- und humorvollen Einführungsvortrag des Freiburger Theologen und Musikwissenschaftlers Prof. M. Walter. Bedauerlich war nun, dass aus welchen Gründen auch immer eine vielleicht besonders interessante Fugenzufügung nach dem ’Lacrimosa dies illa - Tränenreich jener Tag’, die man bereits Amenfuge nennt, nicht vorgetragen wurde. Einen Einblick in Levins einfühlsame Fugenkunst gab indes das Hören der von ihm auf 58 Takte ebenfalls erweiterten kurzen Osanna-Fuge alter Fassung nach dem Sanctus und gekürzt nach dem Benedictus.

Nach einer Stunde konzentrierter und klangvoller Requiem - Darbietung gab es dann für die Ausführenden und ihren Dirigenten Severin Zöhrer hochverdienten, begeisterten Applaus, der bei konzertanter Aufführung eines Sakralwerkes, also einer nicht ausgesprochen liturgischen Feier, hinzunehmen ist, wenn auch Mozart selbst (1791, Okt. 7./8.) geschrieben hat, und das sogar im Falle der Zauberflötenoper: “Was mich aber am meisten freuet, ist, der stille Beifall."

25.11.14

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